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Ferdinand von Güldenkessel

Ferdinand von Güldenkessel wuchs in der Karawanserei zum güldenen Kessel bei Andernach auf und so von Kindesbeinen an in eine eigene Welt hinein. In dem überwiegend von Fernhändlern besuchten Haus lernte er nicht nur zahlreiche Sprachen und Dialekte zu verstehen, sondern auch die Kunstfertigkeiten überzeugend zu lügen, ohne Finger zu rechnen und die Masken der Tugend zu durchschauen. Zwischen Händlern, Huren und Spielleuten aufwachsend entdeckte er früh sein Talent für spöttische Verse und lernte das Lautenspiel, mit dem er die Gäste des Hauses unterhielt. Nicht immer zur Freude seiner Eltern, die um den guten Ruf der Karawanserei fürchteten. Die verbannten ihn dann schließlich auch in die Küche, wo er neben dem Handwerk des Kochs auch die Verwaltung eines Haushalts lernen sollte. Mit viel Mühe gelang es Ferdinand den Anforderungen zu genügen. Es fehlte ihm nicht an Talent, im Gegenteil. Doch hinter den Kulissen in Hitze und Hektik Hirse zu kochen, während im Schankraum das Leben brodelte, gefiel ihm nicht sehr.

Mit zweiundzwanzig Lenzen entzog er sich diesen düsteren Zukunftsaussichten im elterlichen Gut, schulterte die Laute und schloss sich einer Karawane an. Zwar musste er schon bald erkennen, dass das Leben jenseits der sicheren Mauern der Heimat kein Zuckerschlecken war. Doch von Abenteuerlust getrieben reiste er die folgenden Jahrzehnte kreuz und quer durch die Lande, manchmal Handel treibend, oft auch nur als wandernder Barde, der bei der Obrigkeit weit weniger beliebt war als bei seinen Zuhörern.

Ganz im Sinne des Familienmottos „Consilio, non impetu“ (Mit Überlegung, nicht mit Gewalt) handelnd war Ferdinand kein Freund des Schwertes und bediente sich lieber seines Geistes, um Konflikte zu lösen und Hindernisse zu beseitigen. Oft rettete ihn nur seine flinke Zunge vor schlimmeren Strafen als ein paar Wochen im Kerker, den er dennoch öfter von innen sah, als ihm lieb war. Nicht selten zwangen ihn seine Ankläger ein neues Spottlied über einen politischen Gegner zu schreiben, was seine Reisemöglichkeiten immer mehr begrenzte. In vielen Landesteilen unerwünscht fand Ferdinand von Güldenkessel schließlich doch noch eine Heimat und wurde im Lahngau sesshaft. Der Landgraf von Marburg, oder besser: die Landgräfin, erkannte seine Talente, die er hinter der Fassade aus Spott und Misanthropie gut verborgen glaubte und überredete ihn, in die Dienste ihrer Familie zu treten. Einige Jahre leitete er im Hospiz von Marburg die Armenspeisung, bis man ihm den Posten des Chronisten für die Burg Feuerberg übertrug.

Obwohl Ferdinand von Güldenkessel weder Theologie studiert noch die Gelübde eines Klerikers abgelegt hatte, heiratete er nie. Wie in vielen Dingen hatte er auch in Bezug auf die Ehe eine eigene Sichtweise und widmete sich lieber den Spielen des Eros als dem Ernst der Familiengründung. So gab es zwar nachweislich einige anerkannte Kinder, aber keinen Erben.